“Die ganze Welt als kleines Dorf”
von Hannes Schlosser
OneWorld, am 14.02.2010
Die Welt als Dorf mit 100 EinwohnerInnen, die in den sechs Weilern Nord- und Lateinamerika, Europa, Afrika, Asien und Ozeanien leben. Mit diesem (eigentlich einfachen) Kunstgriff machen die beiden Innsbrucker Wirtschaftswissenschaftler Josef Nussbaumer und Andreas Exenberger aus statistischen Daten eine Anklageschrift gegen die Ungleichheiten in der Welt.
Von den 100 BewohnerInnen von „Globo“ leben 15 in Slums, 20 haben keinen Zugang zu sauberem Wasser und 45 keine ausreichende sanitäre Versorgung. Im Durchschnitt werden in „Globo“ so viele Ressourcen verbraucht, dass künftig nur mehr für 85 der 100 BewohnerInnen Platz im Dorf ist. Allerdings: nach nordamerikanischem Lebensstil wären es gar nur 22, nach südasiatischem hingegen 240.
Von den 100 EinwohnerInnen leben übrigens 5 in Nord-, 9 in Lateinamerika, 12 in Europa (einschließlich Russland), 13 in Afrika und 61 in Asien (der Weiler Ozeanien ist statistisch gesehen unbewohnt). Vor 100 Jahren lebten in „Globo“ gerade einmal 27 Menschen, davon 4 in Städten, während es heute 54 von 100 und in zwei Jahrzehnten vermutlich 80 von 130 sein werden.
Dank einer hervorragenden Grafik (von Stefan Neuner, der als Co-Autor angeführt wird) ist „Unser kleines Dorf“ Nachschlagewerk und Fundgrube in einem. In sieben Hauptkapiteln werden Entwicklung, Ist-Zustand und Perspektiven zu den Themen Bevölkerung, Wirtschaft, Landwirtschaft und Ernährung, Energie, Mobilität, Arbeit sowie Konsum behandelt. Die beiden Schlusskapitel sind den „größten Problemen“ und den „gegenwärtigen und zukünftigen Krisen“ gewidmet. Dazu ist sicher auch zu zählen, dass zwei EinwohnerInnen „Globos“ über die Hälfte des Dorfvermögens verfügen und 61 von 100 im Dorf konsumierten Warenkörbe von den 12 BewohnerInnen Nordamerikas und Westeuropas in Anspruch genommen werden (weshalb sich die verbleibenden 88 anderen um 39 Warenkörbe streiten müssen).
So einfach und zugleich faktenreich ist der Zustand unseres Planeten und das Unrecht, unter dem die Mehrzahl seiner BewohnerInnen leidet, wohl kaum zuvor auf 190 Seiten dargestellt worden. Dieses Buch sollte (unter anderem) in keiner Schulbibliothek fehlen. Von der Volksschule aufwärts bietet es eine schier unerschöpfliche Materialfülle samt Diskussionseinstiegen.
Erschienen ist das Buch im neu gegründeten Miniverlag der FH Kufstein – hoffentlich kein allzu großes Hindernis für die Verbreitung, die es verdient.