Zeichen mehren sich, dass Trinkwasser knapp wird
Martin Kugler
Die Presse, 31. Jänner 2016
Ein internationales Konsortium unter österreichischer Leitung will nun erstmals genaue Daten auf den Tisch legen.
Österreich ist mit Wasser gesegnet: Selbst im Rekordsommer 2015 reichten Grund- und Quellwasser locker aus, um den immensen Bedarf zu decken; dass auch die Verteilung geklappt hat, ist den Milliardeninvestitionen der rund 5500 heimischen Wasserversorger seit dem Dürrejahr 2003 zu verdanken.
Weltweit ist die Situation nicht so rosig: Der globale Wasserverbrauch hat sich in den vergangenen 100 Jahren auf jährlich 4.000 Kubikkilometer glatt verachtfacht. Von einem „Peak Aqua“ – also einem absehbaren Maximum der Wasserentnahme (analog zum „Peak Oil“ für die Ölförderung) – redet derzeit noch kaum jemand. Doch offensichtlich ist, dass man sich in immer mehr Regionen einer Nutzungsgrenze annähert. Rund acht Prozent des weltweit verbrauchten Wassers stammen schon heute aus fossilen Grundwasserschichten (die nicht durch Niederschläge aufgefrischt werden). Zudem gibt es ein Qualitätsproblem: Rund eine Milliarde Menschen hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die einzige Alternative dort ist Wasser in Flaschen – und mancherorts, etwa in Teilen Indiens, ist ein Liter Flaschenwasser schon teurer als ein Liter Erdöl!
Die Erdbevölkerung wächst weiter, gleichzeitig steigen auch der Lebensstandard und die Ansprüche an Lebensmittel (deren Produktion 70 Prozent des Wassers verschlingt). Die unausweichliche Folge: Der Wasserverbrauch wird weiter zunehmen. Es gibt zwar globale Schätzungen (plus 60 bis 100 Prozent bis 2050), doch niemand kann derzeit seriös sagen, wie sich der Bedarf in den verschiedenen Regionen entwickeln wird. Eine Antwort will die 2012 gestartete „Water Futures and Solutions“-Initiative (WFaS) geben, ein riesiges internationales Forscherkonsortium unter Leitung des Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg. Diese Woche wurde in der Fachzeitschrift Geoscientific Model Development ein erster Meilenstein veröffentlicht, nämlich Modelle, mit denen die Wasserzukunft berechenbar werden soll. Unabhängig von den genauen Ergebnissen sei sicher, dass „jeder Tropfen Wasser zunehmend wertvoll wird und effizienter und intensiver gemanagt werden muss“, so die IIASA-Forscher.
Denn derzeit wird geprasst, wie auch der Innsbrucker Ökonom Josef Nussbaumer in seinem neuen Buch „Leidenswege der Ökonomie“ meint: Es sei erstaunlich, dass „der Homo oeconomicus diese Ressource so wenig achtet und großteils so unverantwortlich mit diesem besonderen Gut umgeht“.