Artikel: Wenn jemand die Welt rettet, dann die Frauen
Tiroler Tageszeitung, Sonntag 28.12.2014, Seite 12
von Sabine Strobl
Drei Wirtschaftshistoriker rechneten globale Zahlen auf ein Dorf um und richteten einen Spendentopf ein. 50.000 Euro wurden so gesammelt.
Innsbruck – Seit Längerem kursiert das Büchlein „Unser kleines Dorf“ in unserem Land. Thema ist das Verteilungspro- blem auf unserem Planeten. Die drei Ökonomen und Wirtschaftshistoriker Josef Nussbaumer, Andre- as Exenberger und Stefan Neuner haben ungeheures Zahlenmaterial zu Bevölkerungsexplosion, Nahrungs- mittelknappheit, Wasser- ressourcen bis hin zu Müll und Rüstungsausgaben ge- sammelt. Um die Daten anschaulicher darzustellen, wurden sie auf ein Dorf von 100 Einwohnern, Globo genannt, heruntergerechnet. Die Weiler sind dann die einzelnen Kontinente.
Fünf Menschen leben im Weiler Nordamerika, sie haben das Zwanzigfache dessen zur Verfügung, was der Durchschnitt in Afrika hat. Um den ungewöhnlichen Daten einen Nutzen zu geben, wurde der Erlös des Buches gespendet.
Wider Erwarten hatte das Projekt Erfolg. Das Buch verkaufte sich und auch die Honorare für Vorträge zum Thema flossen in den Spendentopf. „52.000 Euro wurden bis jetzt gesammelt“, freut sich Initiator Josef Nussbaumer. Das Geld wird aufgeteilt: Bischof Kräutler in Brasilien wird unterstützt, ebenso ein Projekt für ökologischen Landbau in Kolumbien, die Aufklärungsarbeit zur Beschneidung in Afrika und die städtische Herberge für Obdachlose in Innsbruck. Auch Migranten in Innsbruck bekamen ein kleines Weihnachtsgeld.
Ein paar Globo-Daten: Die Hälfte der Landfläche hat der Mensch bereits ver- ändert. Fünf arbeitsfähige Menschen stehen in Euro- pa einem über 65-Jährigen gegenüber. 2050 könnte das Verhältnis 2:1 sein. Ein Fünftel der Kinder weltweit sind von Kinderarbeit betroffen. Was hat sich im globalen Dorf verbessert?
Nussbaumer nennt die Versorgung mit Trinkwasser als Beispiel. 15 Prozent der Weltbevölkerung haben keinen Zutritt zu sau- berem Wasser. Vor ein paar Jahren waren es noch 20 Prozent. Die Stromversorgung verbessert sich ebenfalls von Jahr zu Jahr. Doch die „Kriegssituation“ hat sich kaum geändert. Die „verlorenen“ und „gefallenen“ Staaten, in denen die öffentlichen Strukturen zusammenbrechen, nehmen zu. „Auch den Klima-
wandel haben wir nicht im Griff“, führt Nussbaumer aus, „und leider stagniert die Situation der Frauen.“ Die Erste Welt gibt sich oft blind gegenüber dem Ungleichgewicht. Umdenken finde kaum statt. Einen wichtigen Beitrag können laut Nussbaumer die Frauen leisten. „Wenn jemand die Welt rettet, dann die Frauen.“
Jetzt möchte Nussbaumer das Zahlenmaterial überarbeiten.