Rezension: “Globospiel”
H@LL9000
von Sandra Lemberger
Im Jahr 2009 wurde das Sachbuch “Unser kleines Dorf: Eine Welt mit 100 Menschen” veröffentlicht. Darin werden die Zustände in der Welt in einem Gedankenexperiment auf ein Dorf mit nur 100 Einwohnerinnen und Einwohner übertragen, denn viele Menschen sind von der Komplexität und Größe unseres Erdendaseins überfordert. Durch dieses drastische Runterbrechen wurden die globalen Lebensrealitäten begreifbarer und verständlicher gemacht. Ein Wissenschaftsbuch also, das sich zumindest für Erwachsene nicht wie ein solches liest, sondern wesentlich leichter als andere Bücher dieser Kategorie.
Aufgrund des Bucherfolges wurde für die Junge Uni Innsbruck nach einer Idee gesucht, den Inhalt des Buches noch kindgerechter zu gestalten. Dies gelang durch die Adaption bekannter Spielkonzepte. Den Kindern und Jugendlichen gefiel dieser spielerische Zugang zur großen weiten Welt, und so entstand der Plan, ein Kartenspiel zu entwickeln. Für das Spiel wurde die Zahl der Einwohner noch einmal auf 50 reduziert, die jedoch immer noch stellvertretend für die gesamte Weltbevölkerung stehen.
Um gängigen Vorurteilen entgegenzuwirken, werden die Bewohner dieser “Globo” genannten Welt von Wasserhydranten dargestellt, denn diese sind dem Menschen gar nicht so unähnlich: Im gefüllten Zustand bestehen sie aus 80 % Wasser, der Mensch aus ca. 65 %. Jeder dieser Hydranten steht für ca. 120 Millionen reale Menschen.
Spielerisch stützt sich das Konzept auf allseits bekannte Klassiker wie Quartett oder die bei Kindern beliebten Themenkartenspiele (Trumpf), bei denen immer ein bestimmtes Kriterium (zum Beispiel bei Autos Höchstgeschwindigkeit, Benzinverbrauch usw.) verglichen wird und der Spieler mit der höherwertigen Karte die Verliererkarte(n) erhält. Sucht man also ein Spiel mit neuen Ideen, wird man beim Globospiel eher nicht fündig.
Hat man jedoch andere Prioritäten und sucht nach etwas sehr Lehrreichem, ist man hier an der richtigen Stelle. Denn das Globospiel weckt bei den Kindern auf interessante Weise eine gewisse Sensibilität für die oft schwierigen Lebenslagen der Menschen überall in der Welt. Alle meine Testkinder ab 9 Jahren fanden das Spiel jedenfalls interessant und waren immer wieder gerne bereit, eine Partie mitzuspielen. Gelernt haben sie dabei sicherlich einiges und vieles wurde ihnen bewusst, wovon sie vorher keine Ahnung hatten: Dass in Afrika die Lebenserwartung von Kindern sehr gering ist, wie viele Menschen mehr in Asien leben als in Europa oder Amerika, wie reich die Nordamerikaner im Vergleich zu Menschen aus Asien und Afrika sind und dass die Kinder in den armen Ländern nicht in die Schule gehen dürfen, um nur einige Vergleichskriterien zu nennen. Weiters werden die Bewohner von Globo nach folgenden Kriterien charakterisiert: Alter, Geschlecht, Kreditrating, Einkommen, Wohnqualität, Ernährung, Bewaffnung, Biokapazität und ökologischer Fußabdruck.
GESAMTURTEIL:
Reduziert auf die reine Spielidee würde ich das Globospiel mit einer 3 bewerten, seinen lehrreichen Inhalt jedoch mit einer 5, daher die Gesamtnote von 4 (Auf einer Skala von 1 bis 6).
Aufmachung: Recht nett (4 Pkt).
Spielbarkeit: Gut, das Spiel spielt sich größtenteils flüssig (5 Pkt).
Interaktion: Das Spiel lässt noch gut Spielraum für Interaktion (4 Pkt).
Einfluss: Der Einfluss auf dieses Spiel ist äußerst gering (2 Pkt).
Spielreiz: Ein Spiel, dass man gern mal wieder spielen kann (4 Pkt).