Beitrag: Eine Welt voller Hoffnungstropfen
von Johannes Huber
Vorarlberger Nachrichten, 05.09.2018
WIEN „Die Welt steht nicht mehr lange“, heißt es seit Generationen. Woher kommt die Einstellung, die dem zugrunde liegt? Negative Ereignisse werden überbetont. Nur eine schlechte Nachricht ist eine „gute“Nachricht, lautet ein Leitsatz, der Journalisten zugeschrieben wird. Ein bisschen trifft das aber jeden, wie die Wirtschaftshistoriker Josef Nussbaumer und Stefan Neuner berichten: Zwei Drittel der menschlichen Konversation bestehe aus Klatsch. Und positive Urteile über Mitmenschen würden davon nur einen kleinen Teil von gerade einmal zehn Prozent ausmachen.
Die beiden Wissenschaftler aus Tirol versuchen global gegenzusteuern: Sie haben ein Buch geschrieben, das den Titel „Hoffnungstropfen“trägt. Wobei es ihnen nicht darum geht, so zu tun, als würde sich alles nur zum Besseren ändern, von der allgemeinen Ernährungslage über den Bildungsstand bis zum Klimaschutz; sie wollen vielmehr verdeutlichen, dass es auch „eine schier unübersehbare Fülle von erfreulichen Erscheinungen“gibt. Beispiele: Lange herrschte die Überzeugung vor, die Welt werde eines Tages „überbevölkert“sein.
Jetzt scheint das abwendbar zu sein: In den 1950er Jahren hat eine Frau im Schnitt fünf Kinder geboren, heute sind es nur noch 2,5. Bei 2,1 gibt es kein Wachstum mehr. Oder: Armut ist noch lange nicht ausgerottet. Aber sie geht zurück: 2001 lebten zwei von drei Frauen, Männern und Kindern von weniger als zwei Dollar am Tag, 2011 waren es halb so viele.
Gewalt und Klimawandel
Die Menschheit wird gebildeter. Zum Ausdruck gebracht wird das durch die Alphabetisierungsrate. Laut OECD ist alphabetisiert, wer eine einfache Erklärung zum täglichen Leben mit Verständnis sowohl lesen als auch schreiben kann. Vor 200 Jahren waren geschätzte zwölf Prozent dazu in der Lage, vor 50 Jahren 60, heute sind es 85 Prozent.
Weltweit zurück geht laut Nussbaumer und Neuner außerdem die Zahl der Opfer von Gewalt. Und auch in einem anderen Bereich, in dem man es nicht vermuten würde, sehen sie Hoffnungstropfen: beim Klimawandel. So würden immer mehr Länder auf wirkungsvolle Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes setzen; und im Übrigen gebe es erste Anlagen, die weiterhin vorhandenen Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernten.